Argentinien
Von jedem Land bildet man sich bereits nach wenigen Tagen eine gewisse Meinung die man dann entweder stereotypisch immer wieder bestätigt bekommt oder aufgrund von eigenen Erfahrungen vielleicht doch revidiert.
Argentinien ist für mich ein wenig das Land der Träumer. Gut, vielleicht etwas hart ausgedrückt, aber was mir besonders aufgefallen ist, dass man sich gern die Realität schön-redet oder ganz ignoriert und sich viel lieber in bequeme, romantische Vorstellungen hingibt.
Warum ich das glaube… hier drei Beispiele dafür:
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Land der Romatiker?
Lüge Nummer Eins: Die Falklandinseln oder Islas Malvinas, wie sie im spanischen Sprachraum heißen, gehören zu Argentinien. Stimmt nicht! Die etwa fünfhundert Kilometer vor der Küste Argentiniens liegenden Inseln sind ganz klar Staatsgebiet von Großbritannien und sind nicht und waren auch nie bei Argentinien. Die Argentinier sind jedoch zum großen Teil der Überzeugung, die besagte Landmasse sei ihr Territorium. Jene die etwas aufgeklärter sind, sind mehrheitlich fest der Meinung es wäre zumindest ihr ehemaliges Staatsgebiet gewesen, was ihnen die Engländer weggenommen hätten.
Dass Länder Territorien von anderen Staaten beanspruchen ist prinzipiell zwar nichts neues oder außergewöhnlich, jedoch verblüfft es dann schon wenn man bedenkt dass der Falklandkrieg noch nicht so lange zurückliegt, sollte daher noch sehr gut in den Köpfen der Leute sein, und Bildung im allgemeinen doch großgeschrieben wird. Es handelt sich außerdem um kein Entwicklungsland, wie etwa der nördliche Nachbar Bolivien, sondern um ein Schwellenland kurz vor dem Aufstieg in den Kreis der Industrienationen und gehört weder der Achse des Bösen noch der Liste der Schurken-Staaten an. Meine Vermutung geht stark in die Richtung der Regierung, die bewusst diesen Sachverhalt nicht breit aufklären möchte. Es ist ja schließlich gut, ein emotionales Thema im Ärmel zu haben wenn es um den Wahlkampf oder sinkende Beliebtheit bei der Bevölkerung geht. Das kennt man wir schließlich von der ‘Junta’, der damaligen Militär Diktatur Argentiniens, die den Falklandkrieg 1982 angezettelt hat.
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Unwahrheit die Zweite: Die breiteste Straße der Welt ist die ‘Avenida 9 de Julio’ in Buenos Aires. Leider nicht mehr, denn seit ein paar Jahren gibt’s eine breitere im Nachbarland Brasilien! Die 20-spurige Prunk-Straße zieht sich wohlgestaltet quer durchs Stadtgebiet der Hauptstadt und stolze Taxifahrer wollen es einfach nicht wahrhaben, dass man sie überboten hat. Darum kann es schon mal vorkommen, dass man aus dem Taxi rausgeworfen wird, widerspricht man diesbezüglich und kränkt damit den Stolz mancher Bürger.
Die dritte beschönigte Vorstellung betrifft den Fußball. Ja, ja, ok - ich gebe zu das ist ein sehr subjektives und emotionsgeladenes Thema über das man viel diskutieren könnte, aber die glorreichen Tage an denen der Nationalheld Diego Maradona das Leder über den Rasen gespielt hat und dabei seine Gegner wie unbewegliche Bäume in der Landschaft aussehen hat lassen, sind schon lange vorbei. Auch die (bisher) nur mittelmäßigen Erfolge als National-Trainer sind eher beherzte Versuche als fundierte, sport-pädagogische Kompetenz. Irgendwie gewinnt man jedenfalls den Eindruck Maradona müsse noch aktiver Spieler sein, so wie man über ihn spricht und die Masse an Merchandising-Artikel aus den 80er-Jahren sieht.
Na ja, im Fußball glorreichen Zeiten nachzutrauern und sich gemütlichen Illusionen hinzugeben ist ja auch in Österreich gängige Methode zur Steigerung des Patriotismus…. ich sag nur Cordoba, womit wir auch wieder den Argentinien-Bezug hätten
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Mit Herz und Charme.
Aber genug gestichelt, Argentinien ist ein spannendes und sehr abwechslungsreiches Land. Von Feuerland (Terra del Fuego) dem südlichsten Teil des Kontinents mit seinen leeren, rauen und lieblichen Weiten, über die patagonische Steppenlandschaft, einer Komposition aus schneebedeckten Bergspitzen und blitzblauen Gletscherseen, bis hin zur Mündung des Rio de la Plata und den - so sag man - schönsten Wasserfällen der Welt, den Iguazú-Fällen; nicht zu vergessen die Gegend um Mendoza, die durch ihre gehaltvollen Rotweine Weltruf erlangt hat und die Anden-Region weiter nördlich wo die letzten Gauchos leben; alles das ist einzigartig und stellt einen perfekten Fleck Erde zum Entdecken bereit.
Hinfahren, tief Luft holen und das Treiben rundherum auf sich wirken lassen. Buenos Aires die 13-Millionen-Hauptstadt wirkt beim ersten Hinschauen nicht gerade südamerikanisch. Es könnte sich genau so gut um Paris, Madrid oder Rom handeln in dem man gemütlich herumspazieren kann, vorbei an unzähligen alten Historischen Gebäuden, durch breite Prunk-Straßen, kleinen charmanten Gassen, belebten Plätzen und schließlich in einem der unzähligen Straßen-Cafés das temperamentvolle Pulsieren der Stadt beobachten kann. Bei Tango, Espresso und einem Gläschen Rotwein wird man vielleicht verstehen was die Argentinier unter dem Motto ‘Viva la vida’ verstehen.
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In den guten alten Zeiten wurde die europäische Kultur von den Einwanderern mitgebracht und nicht nur das. Bis hin zu Architekten und Baumaterialien wurden sie aus Europa wochenlang über den großen Teich geschippert, um das abzubilden was man im alten Zuhause schätzte. Die Stadt ist voll von Zeitzeugen, selbst heute noch kann man in eine der ältesten U-Bahnen der Welt einsteigen. Auf der Linie A verkehren noch Garnituren in denen man auf glänzend polierten Holzbänken unter Jugendstil-Beleuchtung und Messingbeschlägen regelrecht eine Zeitreise unternehmen kann.
Die Zeit selbst ist hier trotzdem nicht stehen geblieben, auch wenn das Land in den vergangenen Jahren immer wieder von schweren wirtschaftlichen und politischen Krisen gezeichnet war (und ist), hat der bröckelnde Glanz früherer Tage nur wenig von seinem Reiz verloren.
Argentinien ein Muss für eine Südamerika-Reise.
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Mehr information gibt’s zum Beispiel auf Wikipedia:
-> Argentinien
-> Buenos Aires
-> Patagonien